Wenn Betreiber von Biogasanlagen Strom gegen Entgelt liefern, dabei aber gleichzeitig Wärme unentgeltlich abgeben, stellt sich die Frage, wie diese Wärmeabgabe umsatzsteuerlich zu behandeln ist – insbesondere dann, wenn für die Anlage ein voller Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde. Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) hat in einem aktuellen Urteil hierzu eine klare Aussage getroffen: Maßgeblich ist nicht der Energieanteil, sondern der Marktwert.
DER FALL IM ÜBERBLICK
Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage, mit der sie Strom entgeltlich ins Netz einspeist. Die dabei entstehende Wärme gibt sie unentgeltlich an zwei Gesellschaften bürgerlichen Rechts ab, die ihrerseits die Nahwärmenetze auf eigene Kosten errichtet hatten. Für die Errichtung der Anlage hatte die Klägerin den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen.
Das Finanzamt behandelte die unentgeltliche Wärmeabgabe als steuerpflichtige Wertabgabe und setzte deren Bemessungsgrundlage nach der energetischen Methode fest – also anteilig nach dem Energiegehalt von Strom und Wärme.
ENTSCHEIDUNG DES FINANZGERICHTS
Das FG stellte klar:
- Eine unentgeltliche Wärmeabgabe ist umsatzsteuerpflichtig, wenn der Vorsteuerabzug genutzt wurde.
- Als Bemessungsgrundlage sind die Selbstkosten anzusetzen, da kein Einkaufspreis vorliegt.
- Die Aufteilung dieser Selbstkosten darf nicht energetisch, sondern muss marktwertbasiert erfolgen.
Das bedeutet: Entscheidend ist, was der erzeugte Strom und die erzeugte Wärme am Markt theoretisch einbringen würden – nicht, wie viel Energie sie enthalten.
Zur Schätzung dieses Marktverhältnisses berief sich das Gericht auf ein Sachverständigengutachten und eine empirische Studie und kam zu dem Ergebnis, dass der Marktwert der unentgeltlich abgegebenen Wärme einheitlich mit 0,02 €/kWh zu bewerten sei.
WAS BEDEUTET DAS FÜR BETREIBER VON BIOGASANLAGEN?
- Wertabgaben sind steuerpflichtig, wenn für die Anlage Vorsteuer abgezogen wurde.
- Bei der Wärmeabgabe darf die Aufteilung der Kosten nicht nach technischem Energieanteil, sondern muss nach wirtschaftlich realistischem Marktwert erfolgen.
- Die Marktwertmethode ist laut BFH und FG die richtige Methode bei gemischt genutzten Energieerzeugungsanlagen ohne Fernwärmeanschluss.
FAZIT
Das Urteil des FG Niedersachsen schafft steuerliche Klarheit für Betreiber von Biogasanlagen, die Wärme kostenlos an Dritte abgeben. Wer den Vorsteuerabzug genutzt hat, muss für die unentgeltliche Wärmeabgabe Umsatzsteuer abführen – aber auf Basis eines realitätsnah geschätzten Marktwerts, nicht auf Basis technischer Energieverhältnisse. Die Marktwertmethode setzt sich damit weiter als Standard durch.
Unser Tipp: Lasst eure Bemessungsgrundlagen regelmäßig überprüfen – besonders bei neuen Anlagen oder wenn sich Marktpreise stark verändern. Gerne unterstützen wir euch dabei, rechtssicher und wirtschaftlich sinnvoll zu kalkulieren.