Die Rücklage für Ersatzbeschaffung ist eines der ältesten Rechtsinstitute im deutschen Bilanzierungsrecht und geht zurück auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs. Es handelt sich dabei um eine Kulanzregelung, die nicht im Gesetz, sondern ausschließlich in den Verwaltungsanweisungen des Finanzamts geregelt ist. Hintergrund dieser Regelung ist Folgendes: Wird ein Wirtschaftsgut (z.B. Lagergebäude einer Fabrik) durch einen Brand zerstört, zahlt in der Regel eine Sachversicherung den Zeitwert dieses Guts aus. Da dieser eine Betriebseinnahme darstellt, frisst die daraus resultierende Steuerzahlung die Versicherungsentschädigung wirtschaftlich betrachtet teilweise auf, sodass die Versicherungszahlung nicht vollumfänglich zur Reinvestition in ein vergleichbares Lagergebäude zur Verfügung steht. Genau das soll die Rücklage für Ersatzbeschaffung vermeiden.
Beispiel: Ein Betriebs-Pkw mit einem Buchwert von 5.000 € erleidet auf der Autobahn einen wirtschaftlichen Totalschaden. Die Kaskoversicherung zahlt einen Betrag von 12.000 €. Der Unternehmer kauft mit der Versicherungszahlung im Folgejahr einen neuen Pkw für 14.000 €. Durch die Versicherungszahlung werden grundsätzlich 7.000 € stille Reserven aufgedeckt, die eigentlich zu besteuern wären. Da der Unternehmer jedoch eine Reinvestition in ein Ersatzwirtschaftsgut beabsichtigt, darf er die 7.000 € in eine steuerfreie Rücklage einstellen und im Folgejahr auf den neuen Pkw übertragen.
Die Frist für eine solche Reinvestition beträgt bei beweglichen Wirtschaftsgütern ein Jahr (sie kann in besonderen Fällen auf bis zu sechs Jahre verlängert werden). Für Immobilien beträgt die Reinvestitionsfrist vier Jahre, bei Neuherstellung eines Gebäudes sechs Jahre. Diese Reinvestitionsfristen wurden mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums jeweils um ein Jahr verlängert, sofern sie in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 ansonsten abgelaufen wären.