Wann beherrschendem Gesellschafter ein Gewinnanteil zufließt

Einnahmen müssen nach dem sogenannten Zuflussprinzip in der Regel in dem Veranlagungszeitraum versteuert werden, in dem sie bar ausgezahlt oder dem Konto des Empfängers gutgeschrieben werden. Bei Ausschüttungen an beherrschende Gesellschafter gelten jedoch andere Regeln, denn diese haben es regelmäßig selbst in der Hand, sich geschuldete Beträge ihrer Gesellschaft auszahlen zu lassen. Bei diesen Personen gilt eine Ausschüttung regelmäßig bereits bei Beschlussfassung über die Gewinnverwendung als zugeflossen und nicht erst bei Geldeingang auf dem eigenen Konto.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass die Rechtsgrundsätze zum Zuflusszeitpunkt bei beherrschenden Gesellschaftern auch für in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtige beherrschende Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft gelten. In Inlands- wie in Auslandsfällen ist unverzichtbare Bedingung für den Zufluss von Gewinnausschüttungen aber, dass der Gesellschafter über die zur Ausschüttung anstehenden Gewinnanteile wirtschaftlich verfügen kann. Es dürfen also keine rechtlichen oder tatsächlichen Hinderungsgründe bestehen, die eine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gewinnanteile \“vereiteln\“. Hieraus folgt nach Auffassung des BFH, dass bei sofort fälligen Gewinnauszahlungsansprüchen aufgrund eines ausländischen Gewinnverwendungsbeschlusses nicht reflexartig darauf geschlossen werden kann, dass der Gesellschafter unmittelbar die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gelder erlangt hat. Vielmehr muss geprüft werden, ob nach den Gegebenheiten des ausländischen Rechts die Verfügung des Gesellschafters über den Ausschüttungsbetrag möglicherweise ausgeschlossen ist. Soweit solche rechtlichen Regelungen die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch den Gesellschafter hemmen, darf das deutsche Finanzamt noch keinen Zufluss der Gelder annehmen, so dass die Besteuerung zunächst warten muss.

Hinweis: Das Finanzamt darf allein aus der Fälligkeit der beschlossenen Ausschüttungsbeträge also nicht darauf schließen, dass der beherrschende Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft unmittelbar die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Ausschüttungsbeträge erlangt hat. Vielmehr sind zunächst Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob das ausländische Recht die sofortige wirtschaftliche Verfügungsmacht ermöglicht oder ausschließt.